STADT und Region MURAU
Bezieht man sich auf das älteste Fundstück, das auf eine Besiedelung des Bezirkes Murau hinweist – ein Steinkeil aus pyrithältigem Serpentin – so beginnt dessen Geschichte ab der Jungsteinzeit (Neolithikum). Belebter wurde die Region, durch die Völkerwanderung von Norden her und der erstmaligen Verwendung des Werkstoffes „Kupfer“ mit dem Ausklang des 3. Jahrtausends v. Chr.. 1932 und 2001 wurden am Leonhardiberg Kupferbeile gefunden, die um ca. 1750 v.Chr. produziert wurden. Florierende Handelsbeziehungen bewirkten die Entstehung einer Handelsstraße von Italien zur Donau, die für die Entwicklung Murau`s in den folgenden Jahrhunderten von wesentlicher Bedeutung war. Ab 16 v. Chr. führte diese wirtschaftlich und strategisch wichtige Verbindung zu einer ca. 200 jährigen römischen Herrschaft, an welche behauene Römersteine erinnern, die in Murau in der Fassade des alten Rathauses in der Anna-Neumann-Straße oder vor dem Handwerksmuseum Zeugnis dieser Zeit abgeben. Die relativ friedliche Zeit unter römischer Herrschaft endete mit der Völkerwanderung, die ab dem 4. Jahrhundert Einfluss auf unser Gebiet nahm. Die Folgen waren auch im Bezirk Murau (damals zur „Provinz Norikum“ gehörig) Zerstörung und Verarmung.
Nach dem Ende der Völkerwanderung besiedelten Slawen den Bezirk Murau, dieser kam aber bald unter bairischen Einfluss. Vollzogen durch Fürstentum, Adel und Kirche erschlossen die Baiern im Mittelalter dieses Gebiet. Ab dem frühen Mittelalter kam es dabei zur ersten Besiedlung von St. Egidi bei Murau (langobardische Gräber); der Markt, der dem heutigen Murau entspricht, wurde um 1270 von Ulrich von Liechtenstein gegründet. Aus diesem Jahr stammt auch die erste urkundliche Erwähnung „Murowe“.
1298 erhielt Murau von Otto III. von Liechtenstein die gleichen Rechte wie die Stadt Judenburg verliehen. Während der über 300jährigen Herrschaft der Liechtensteiner wurde die Stadt erweitert (1333 neuer Markt und Burg Grünfels, Stadtmauern an beiden Seiten des Flusses!), es kam zur Besetzung durch die Ungarn, die Türken drangen ins obere Murtal vor, es kam zum Bauernaufstand usw. Von großer Bedeutung war der Handel ganz generell, da bereits im Stadtrecht von 1298 zwei Märkte erwähnt sind, 1492 durch Kaiser Friedrich III. bestätigt wurden. Gleichzeitig wurde das Niederlagsrecht für Eisen bestätigt, welches am Raffaltplatz am Gelände der heutigen Brauerei Murau lag. Neun Hammerwerke und der Eisenhandel prägten vom 15. Jh. bis zum 19. Jh. die Stadt Murau, das letzte Hammerwerk wurde 1928 geschleift.
Christoph Liechtenstein heiratete 1565 Anna Neumann von Wasserleonburg, seine Familie war bei deren Mutter Barbara Seenus hoch verschuldet. Anna Neumann erwarb nach der Erbschaft des elterlichen Vermögens 1574 von den Brüdern ihres Gatten die restlichen Teile der Herrschaft Murau und wurde „Herrin von Murau“. Ihre Verdienste um die Stadt waren unter anderem die Neugründung eines Bürgerspitals, sie regelte Holz- und Weideservitute für die Bürger etc. Außerdem bot sie den Bürgern von Murau eine verzinste Anlagemöglichkeit ihrer Ersparnisse an. Eine solche „bankähnliche“ Einrichtung war zuvor in der Steiermark noch nicht bekannt.
1617 heiratete – besser adoptierte – sie ihren sechsten und letzten Gemahl, Georg Ludwig Reichsgraf zu Schwarzenberg und übertrug ihm die Herrschaft. 1623 starb Anna Neumann im 88. Lebensjahr.
Georg Ludwig zu Schwarzenberg stiftete nach Anna Neumanns Tod das Kapuzinerkloster. Unter der Schwarzenberg´schen Dynastie kam es zu einem weiteren Bauernaufstand, einer Pestepidemie, der Besetzung durch die Franzosen, der Auflösung der Grundherrschaft etc. Wichtige Ereignisse für die Stadt Murau zu Ende des 19. Jahrhunderts waren die Errichtung der Bezirkshauptmannschaft, die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr, der Sparkasse, der Raiffeisenbank, mehrerer Vereine. Die Eröffnung der Murtalbahn brachte 1894 den Anschluss an den Internationalen Eisenbahnverkehr und der Bau des Elektrizitätswerkes 1906/08 beendete die Zeit des Kerzenlichtes.
Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts war auch Murau von den Auswirkungen der beiden Weltkriege geprägt. Im ersten Weltkrieg gab es keine unmittelbaren Kampfhandlungen in Murau, das Schloß war jedoch vom Militär besetzt. Während der Kriegsjahre bauten russische Gefangene die Straße auf die Stolzalpe. Bereits 1913 wurde ein Komitee zur Errichtung einer Sonnenheilstätte gegründet, dem auch Peter Rosegger angehörte. Heute ist das LKH Stolzalpe ein weltweit anerkanntes orthopädisches Krankenhaus (Schulter, Hüfte, Knie), das jährliche Symposien für Ärzte aus der ganzen Welt veranstaltet. In den Zwischenkriegsjahren kam es zu Zusammenstößen von halbmilitärischen Selbstschutzverbänden der politischen Parteien und 1934 zum Putsch durch die Nationalsozialisten. Nach der Volksabstimmung am 10. April 1938 erfolgte der politische Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. Auch im zweiten Weltkrieg blieb Murau selbst von Kampfhandlungen verschont. Es folgte eine Zeit der Besetzung durch die Briten.
Seit Beginn des 20. Jhdts. ist der Tourismus wesentlicher Teil der Entwicklung Murau`s. Der Verschönerungsverein kümmerte sich ab ca. 1890 um die Gestaltung der Stadt, der Villenbauverein um Errichtung von Unterkünften. Neben der „Sommerfrische“ spielt der Wintersport eine große Rolle; der heutige WSV Murau war unter Bernhard Fest Gründungsmitglied des Steirischen und Österreichischen Schiverbandes und seit 1894 neben Mürzzuschlag, dem Semmering und der Brucker Hochalm ein Übungszentrum der ersten Steirischen Schiläufer. Heute sorgt der WSV im Springen, Langlauf, Biathlon für äußerst erfolgreichen Nachwuchs (Klaus Ofner, Christoph Sumann, Martin Fritz).
Die Brauerei Murau produziert seit mehr als 500 Jahren nicht nur ein hervorragendes Bier sondern ist durch den Umweltbeauftragten Johann Tanner ein international ausgezeichneter Betrieb auf dem Sektor Umweltschutz. Das „Offene Buch“, in dem die jahrzehntelangen Bemühungen um den Umweltschutz zusammengefasst sind, die Brauerei ist erster EMAS-Betrieb Österreichs und produziert CO2-Neutral (2006 bester EMAS-Umweltbericht Europas!). Neben vielen Auszeichnungen in den letzten 20 Jahren gab es 2019 für das Murauer Weißbier den WM Titel World Beer Award und für den Radler den Gold World Beer Award, 2020 Gold European Beer Star für das Murauer Märzen.
Mit der Energievision Murau und dem Ziel der Energieautarkie 2015 befassen sich die Murauer Stadtwerke, die mit aus Wasserkraft erzeugtem Strom seit 2009 schon um 40 % mehr als den Eigenverbrauch erzeugt und diese Vision eindrucksvoll erfüllte. Mit dem zweiten Biomasseheizwerk (Versorgung des LKH Stolzalpe und der Brauerei Murau mit Wärme) werden Stadt und Umland zu 100% mit Wärme versorgt.
Weitere bemerkenswerte Betriebe sind die Firma Ernst Pintar, die sich von der Wagnerei über die Produktion von Schiern und Schlitten zu einem weit über die Grenzen der Steiermark hinaus tätigen Großhandeslunternehmen entwickelte, die Fa. Helfried Brandstätter, die sich vom kleinen Kreisler zu einem Nahrungsmittelgroßhandel entwickelte sowie das Installationsunternehmen Heide Zeiringer, das neben Solaranlagen nur mehr Pelletsheizungen verkauft und damit österreichweit für Furore sorgte.
Seit der Landesausstellung „Holzzeit“ 1995 ist die Stadt Murau selbst in vielen Fällen Pionier im Holzbau (erster dreistöckiger Schulbau aus Holz; erster dreistöckiger Holz-Bau in der Altersversorgung etc.), die Architekten Arch. DI Alfred Bramberger, Arch. DI Ernst Giselbrecht, Arch. DI Günter Domenig, Arch. DI Jörg Conzett, Arch. DI Markus Meili, Arch. DI Wolfgang Tschapeller, Arch. DI Fritz Schöffauer, gew. Arch. Ing. Rudolf Paschek prägten das Gesicht der Stadt. Diese Kombination von mittelalterlicher und gegenwärtiger Baukunst führte zur Verleihung des Bauherrnpreises für den Mursteg 1996, mehreren Geramb-Rosen in der Stadt, 2001 zur Auszeichnung als „kreativstes Rathaus Österreichs“, Murau ist Klimabündnisgemeinde und wurde für das Engagement in Sachen Umwelt- und Klimaschutz vom Österreichischen Gemeindebund als „Klimaschutzgemeinde 2010“ ausgezeichnet.
Mit dem Regionalentwicklungsverein Holzwelt, den Steiermärkischen Landesbahnen, den Murauer Stadtwerken und dem Land Steiermark wird zurzeit ein Projekt ausgearbeitet, die Murtalbahn zu modernisieren und dabei Wasserstoff zu verwenden.