KARL BRUNNER

Karl Brunner (geb. Vitis, 31.12.1889, gest. Graz, 03.04.1964)


Die Geschichte der Stadt ist mir Karl Brunner auf das engste verbunden. In den letzten Jahren erinnerte man sich bei Jubiläen öfters an diese hervorragende Persönlichkeit und würdigte posthum das Wirken Brunners mit der Errichtung eines Denkmals beim Friesacher Tor und mit der Benennung einer Siedlung als Karl-Brunner-Siedlung im Jahre 1997 auf den ehemaligen sogenannten Kraxner Gründen. Aber auch die Landerberufsschule in Murau und das Europahaus in Neumarkt tragen seinen Namen. 

Karl Brunner wurde am 31. Dezember 1889 in Vitis, Bezirks Waidhofen an der Thaya, in Niederösterreich als Sohn des Maurer- bzw. Baumeisters geboren. Er entschied sich nach der Absolvierung der Handelsschule für die Erlernung des Kaufmannsberufes und übernahm 1914 das schwiegerelterliche Kaufmannsgeschäft. Schon frühzeitig widmete er sich mit Leidenschaft dem politischen Leben. Den Ersten Weltkrieg macht er bei den 15er-Dragonern, die ihren Kader in Wiener Neustadt hatten, an vorderster Reihe an der Ostfront mit und wurde schwer verletzt. 

Als Karl Brunner 1918 in Murau als Kaufmann eine neue, endgültige Heimat fand, war er mit dem politischen Leben und mit den damaligen Zuständen keinesfalls zufrieden. Er setzte sich in Parteikreisen und auch in der Gemeindestube mit den verschiedenen Problemen intensiv auseinander. In der Zwischenkriegszeit gehörte er dem Gemeinderat der Stadt Murau 14 Jahre lang von 1914 bis 1938 an. Einige Jahre hievon war er auch Vizebürgermeister. Brunner gründete am 19. Jänner 1919 als erster in Murau und in der Folge auch im ganzen Bezirk die Heimwehr. Mit Beginn des Jahres 1921 gehörten im Bezirk Murau bereits rund 500 Mitglieder der Heimwehr an, und Brunner war deren Gauführer. 

An den bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Heimwehr und der NSDAP-Mitgliedern des Jahres 1934, bei denen es mehrere Tote gab, war er beteiligt. 

Sofort nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde Brunner am 15. März 1938 von der SA (Sturmabteilung der NSDAP) in Judenburg verhaftet, schwer misshandelt und war bis Mitte September 1939 in Untersuchungshaft. Schließlich wurde er wegen der Ereignisse im Jahre 1934 zu lebenslänglichem, schwerem Kerker verurteilt. Er entkam nur ganz knapp der Todesstrafe. Im Jahr 1940 wurde vom Reichsgericht Leipzig das Urteil jedoch auf 15 Jahre heruntergesetzt. 

Im März 1940 wurde Brunner vom Leobener Gefängnis in das Zuchthaus Karlau in Graz, zur Verbüßung der Strafe überstellt. Die äußerst schwere Strafe kam dadurch zustande, dass von einem Funktionär der NSDAP-Stelle in Murau unter Angabe vollkommener Unwahrheiten der Galgen verlangt wurde. 

Bei einem Bombardement auf die Strafanstalt Karlau am 6. April 1945, bei dem viele Häftlinge und Wachebeamte ums Leben kamen, blieb Brunner wie durch ein Wunder unverletzt und grub zwei Wachebeamte und auch den Gefängnisdirektor, die bis zum Hals verschüttet waren, mit bloßen Händen aus dem Schutt und rettete sie auf diese Art vor dem sicheren Tod. Durch diese beispiellose Tat erließ das Justizministerium Berlin dem Häftling Brunner gnadenhalber die restlichen Haftjahre, so dass er am 19. April 1945 nach Murau zurückkehren konnte. Die sieben Haftjahre hinterließen in seinem Leben sicherlich einen tiefen Einschnitt. 

Kaum drei Wochen in Murau, betätigte sich Brunner schon wieder im öffentlichen Leben. Er wurde als „Retter von Murau“ gefeiert, denn in der Nacht vom 10. auf 11. Mai 1945 – also zu Kriegsende – gelang es ihm, die Besetzung von Murau durch die sowjetische Armee abzuhalten. Hiezu bediente er sich einer listigen Täuschung. Er täuschte mit breiter Unterstützung durch die Bevölkerung und mehrere britische Gefangenen der vorrückenden „Roten Armee“ eine vollzogene Besetzung der Stadt Murau durch britische Truppen vor. Dadurch blieb den Murauern viel Not und Leid und wahrscheinlich auch unsagbare Bedrängnis erspart. 

Bei all seinem Tun und Handeln kamen immer wieder seine Charaktereigenschaften deutlich zum Vorschein. Brunner, der ein gläubiger Mensch war, wurde als aufrecht, geradlinig und gütig beurteilt, jedoch auch als hart, wenn Mutwillen und Irrlehre die Unantastbarkeit seiner Heimat und das Freiheitsideal bedrohten. Deshalb wurde er fallweise auch als „kleiner Diktator“ bezeichnet. 

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg widmete er sich ab den ersten Stunden wieder der Politik in dem Gedanken, den Wiederaufbau der Heimat zu unterstützen. In den Wahlveranstaltungen wurde seine versöhnende Haltung besonders deutlich spürbar. Es sollte nicht Vergeltung oder Hass gegen den politischen Gegner aufkommen. Andersgesinnten und ehemaligen Gegnern hatte er seine Toleranz, sein Verzeihen und seine Hilfe angedeihen lassen. 

So erklärte er auch im November 1945 in Murau bei einer Wahlrede: Ich bin sieben Jahre in der Karlau gesessen und habe in dieser Zeit beten und verzeihen gelernt. Bei einem anderen Anlass äußerte er sich ähnlich: Wir müssen einander helfen durch christliche Gemeinschaft – nicht zerstören durch blinden Hass. 

Als Abgeordneter der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) zum Nationalrat gehörte Karl Brunner diesem von 1949 bis 1953 an. In diesem Jahr wurde er am 15.Mai als Landesrat in die Steiermärkische Landesregierung berufen. Er wurde zum Nachfolger für den als Handelsminister in die Bundesregierung berufenen DDDr. Udo Illig bestimmt. Seine Agenden als Landesrat umfassten die Bereiche Gewerbe, die gewerblichen Berufsschulen, die Kulturpflege und Kunstförderung sowie den Naturschutz. Vom 11. April 1961 bis zu seinem plötzlichen Ableben am 3. April 1964 übte er die ehrenvolle Funktion als Erster Landtagspräsident aus. 

Die Wochenenden verbrachte Brunner stets in Murau und fand gerne Pfeiferauchend Entspannung und unterhaltsame Stunden im Gasthof Grünfels (Eichholzer). Dorthin kamen viele Bittsteller und ersuchten den Landespolitiker um Hilfe und um Interventionen. Der Gasthof Eichholzer wurde in dieser Zeit auch gerne scherzhalber als „das kleine Parlament“ bezeichnet. 

Brunner erkannte schon früh die Notwendigkeit eines geeinten Europas und unterstützte die Bemühungen. Er meinte u.a.: Vergessen wir nicht, dass wir unsere Aufgabe in Europa und in der Welt nur dann erfüllen werden können, wenn wir zuallererst gute Österreicher und gute Steirer sind. Das Europahaus in Neumarkt führt in Würdigung seiner Bemühungen um ein vereintes Europa seinen Namen. Von der Stadt Murau wurde Karl Brunner 1960 als öffentliche Anerkennung für seine Verdienste um Murau mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft gedankt. Dass Murau Sitz einer Landesberufsschule wurde, ist unter anderem auch ein Verdienst von Karl Brunner.